Beck, München, 2001. 458 S., Ln.U. neuwertigEben noch ein heißer Kandidat für den Abfallhaufen der Geschichte, genießt der "Staatsbürger in Uniform" in der aktuellen Situation diffuser Bedrohung seit dem 11. September 2001 hier zu Lande plötzlich ein nie gekanntes Prestige. Eine dezidierte Entscheidung zur Abschaffung der -- mit Blick auf die staatsbürgerlichen Freiheitsrechte seit jeher schwer zu vermittelnde -- Wehrpflicht zu Gunsten einer personell abgespeckten Freiwilligenarmee aus Berufssoldaten, wie sie auch von Ute Frevert favorisiert wird, dürfte so schnell nicht mehr auf der politischen Agenda stehen. Dann schon eher die Überführung von Teilen der Bundeswehr in eine Art "Landwehr" zur Innenverteidigung. Eine Konstruktion, die durchaus historische Vorbilder hätte, wie in Freverts Buch Die kasernierte Nation. Militärdienst und Zivilgesellschaft in Deutschland nachzulesen ist.
Die Bielefelder Historikerin hält in ihrem Werk kritisch vergleichende Rückschau auf die Institution Wehrpflicht, die von ihren Fürsprechern heute als unerlässliches Fundament des demokratischen Bürgerstaates gepriesen wird. 1813 zur Verteidigung des Vaterlandes gegen die napoleonische Volkskriegsarmee in Preußen eingeführt und von der liberalen Bewegung zur staatsbürgerlichen Pflichtveranstaltung erhoben, geriet sie nach ihrer Bewährung in verschiedenen Waffengängen zum gesamtdeutschen Erfolgsmodell: im Wilhelminischen Kaiserreich als "Schule der Nation", im Dritten Reich als Verkörperung national-völkischer Einheit und in der Bundesrepublik -- im Gegensatz zur DDR -- als zivilbürgerliches Präfix. Neben den standesnivellierenden und gesellschaftsintegrativen Aspekten interessieren Frevert als Expertin für Gender Studies vor allem auch die soziokulturellen Implikationen allgemeiner (männlicher) Militärpflicht für die Prägung von Geschlechterrollen. Ferner geht sie der Frage nach einer möglichen Kausalität militärischer Sozialisationserlebnisse für Gesinnungsmilitarismus, Untertanengeist, Gewalt- und Kriegsbereitschaft nach, die sie als nationale Spezifika der Deutschen im Übrigen zu bestreiten wagt.
Trotz einiger befremdlicher Thesen -- etwa über den Weimarer Paramilitarismus, den sie als männlichen Reflex auf die im Wandel begriffenen Lebensformen und Geschlechterverhältnisse deutet -- verdient Ute Freverts gut recherchierte und gut lesbare Studie, mit der sie eine erste Lücke in dem überwiegend auf Kriegsgeschichte fixierten einschlägigen Schrifttum schließt, unbedingtes Lob. --Roland Detsch
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